"Hier singt ein Harzer Roller"

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Der Kanarienvogel und der Bergbau
Aus dem Kanarienfreund von 1988 von Elise Pütz

Auf den ersten Blick scheinen für einen Uneingeweihten keinerlei Zusammenhänge zwischen Kanarienvogel und Bergbau zu bestehen.
Der Auslöser, mich mit diesem Thema zu beschäftigen, war eine Anfrage, ob wir Unterlagen über Kanarien im Bergbau besitzen. Seinerzeit hatten wir keinerlei Unterlagen hierüber, ich wusste jedoch - wie viele andere Züchter, die ich später hiernach befragte, dass Kanarien in Bergbau zum Schutz gegen Giftgase eingesetzt worden sind. Konkrete Unterlagen darüber waren jedoch weder bei den Grubenrettungswehren, noch im Bergbaumuseum etc. zu bekommen. Erst aus englischen Informationsschriften aus dem Bergbau konnte ich nähere Einzelheiten entnehmen.

Der Einsatz ist wohl auch heute noch nicht völlig passe', sondern in dem mit verschiedenen Instituten geführten Schriftwechsel wird immer wieder darauf verwiesen, dass eventuell noch in England oder Amerika nach wie vor Vögel oder andere Kleintiere als Indikatoren "Anzeiger" für Gifte beziehungsweise Sauerstoffmangel eingesetzt werden.

Der frühere Einsatz von Kanarien ist auf jeden Fall als Tatsache anzusehen. Von der Bergakademie Freiberg in der ehemaligen DDR erhielt ich die Mitteilung, dass früher im Kalibergbau Mäuse zum Beispiel im Käfig nach der Schicht vor Ort stehen blieben. Der Zustand dieser Mäuse wurde dann zu Beginn der nächsten Schicht als Zeichen für das Vorhandensein oder auch Fehlen von Giftgasen gewertet.

Ein Bergbaufachmann führte aus, dass beim Vortrieb neuer Grubenfelder vor Jahren Kanarienvögel dazu benutzt wurden, um vor sogenannten "matten Wettern" (sauerstoffarme Luft) zu warnen, so dass sich die Bergleute noch in Sicherheit bringen konnten oder eine Änderung der Luftzufuhr ermöglicht wurde.
Doch mit der einfachen Beschreibung "Zur Anzeige von Giftgasen" ist es für einen Nicht-Bergbau-Fachmann nicht klar, was darunter zu verstehen ist.
Bei dem Giftgas, dass durch die Kanarien "angezeigt" wurde, das den Bergleuten ganz besonders gefährlich werden kann, handelt es sich insbesondere um Kohlen-Monoxyd. Vielfach lesen wir auch in den Tageszeitungen, dass durch unbemerkt ausströmendes Kohlen-Monoxyd aus nicht fachgerecht installierten Öfen Unglücksfälle auftreten, Todesfälle zu beklagen sind.

Im Chemie-Lexikon findet sich folgende Ausführung über Kohlenmonoxyd:
Kohlenmonoxyd ist ein farbloses, geruchloses, brennbares Gas. Es ist äußerst giftig, da es sich an das den Sauerstofftransport ausführende Hämoglobin etwa 200 mal fester anlagert, als der Sauerstoff und es blockiert. Die Vergiftung kann sich zunächst in Kopfschmerzen äußern und kann über verschiedene Stadien zum Tode führen. Als Gegenmittel dient sofort einsetzende Sauerstoffbeatmung. Sofortige ärztliche Hilfe ist notwendig.

Kohlenmonoxyd entsteht aus Kohlendioxyd durch Reduktion mit glühendem Kohlenstoff und bildet sich daher besonders dann, wenn Kohle bei ungenügender Luftzufuhr unvollkommen verbrennt. In der Natur kommt Kohlenmonoxyd in vulkanischen Gasen vor.

Kohlen-Monoxyd ist schon in verhältnismäßig geringen Dosierungen in der Atmungsluft eine Gefahr für den Menschen. Doch ehe noch beim Menschen eine äußerlich feststellbare Reaktion auf das Einatmen von Kohlen-Monoxyd-Dosierungen festzustellen ist, zeigen Kleintiere bereits typische Reaktionen.
In einer englischsprachigen Dokumentation aus dem Jahre 1912 fand ich dann ganz genaue Beschreibungen der seinerzeit durchgeführten Versuche, um die Mengen des jeweils tödlichen Giftgases zu ermitteln. Kohlenmonoxyd wird durch die Atemluft in die Lungen gebracht und reichert sich dann im Blut an. Wenn Kohlenmonoxyd im Blut ist - dann ist - so wird in diesem Bericht ausgeführt - kein "2.Platz" im Blut, um noch ausreichend Sauerstoff zu transportieren. Früher oder später erreicht das Blut jene Konzentration von Kohlenmonoxyd, die zur völligen "Hilflosigkeit" führt.
Bei der schweren körperlichen Arbeit, die insbesondere früher in den Bergwerken geleistet werden musste, ist es also einleuchtend, dass bei entsprechend intensiver und starker Atmung die Konzentration von Kohlenmonoxyd im Blut der Bergleute schnell erreicht war, die zur vorgenannten Hilflosigkeit führte.

Besuch bei einem Antiquitätenhändler im Ruhrgebiet. Dort wurden mir diese Käfige als solche aus dem amerikanischen Bergbau gezeigt, in denen Kanarienvögel mit unter Tage genommen wurden. Wie bei anderen Antiquitäten oft - so sind auch eventuelle Zweifel an der Echtheit der Käfige angebracht. Sie erinnern mich zum Teil sehr an Gesangsbauer.





Foto: Paul Pütz

Es gab auch bereits um die Jahrhundertwende technische Geräte, die die Bestimmung von Kohlenmonoxyd ermöglichten, doch den Vorzug gab man den Kleintieren als "Anzeiger -Warner" vor Giftgasen, weil bei ihnen in viel kürzer Zeit und geringerer Dosierung bereits typische Anzeichen von Kohlenmonoxyd feststellbar waren. Die Durchführung einer chemischen Analyse hätte einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen. Zu diesen Experimenten wurden Kanarienvögel, Tauben sowie Mäuse herangezogen.
Am "anfälligsten" war der Kanarienvogel. Bei ihm genügten schon geringe Dosierungen, um ihn von der Stange fallen zu lassen, wie auch der Ausdruck in diesem Bericht lautet.

Während bereits bei einer Konzentration von 0,29% Kohlenmonoxyd ein Kanarienvogel von der Stange fiel, bei einer Einatmungszeit von lediglich 2,5 Minuten, dauerte es zum Beispiel bei einer Maus und einer Konzentration von 0,77% bis zu 70 Minuten um ähnliche Reaktionen zu zeigen.
Das veranschaulich wohl ganz deutlich, dass der Kanarienvogel für eine solche Gas -Warner -Funktion besonders geschaffen war.
Doch im Zusammenhang mit diesem Thema fiel mir dann auch ein, dass oftmals Kanarienvögel für uns Züchter ohne jeglichen Grund tot im Käfig liegen, die zuvor keine äußere Krankheitszeichen erkennen ließen. Zumindest die Möglichkeit besteht, dass auch hier derartige "Luftverschmutzungen" vorliegen, denen wir Menschen zwar ausgesetzt sind, bei uns jedoch nicht zu derart krassen Folgen in so kurzer Zeit führen. Nicht nur die jetzt häufig in den Zeitungen auftretenden beunruhigenden Meldungen über die Schäden durch den Gebrauch von Sprays mit Treibgas bestärken mich in dieser Vermutung.Doch auch nach Grubenunglücken wurden früher Kanarien von den Rettungstruppen eingesetzt, um die Lage der Giftgaskonzentration zu testen und die Retter zu schützen.

Vielfach wird in solchen Grubenberichten ausgeführt, dass die Zahl der Toten bei den Unglücken nicht allein durch die Wucht der Explosionen zu erklären sei, sondern dass vielfach auch im Zusammenhang mit solchen Explosionen Todesfälle infolge von Kohlenmonoxyd -Vergiftungen zu beklagen waren.
Ein Zeitungsbild aus dem Jahr 1913 zeigt einen Retter mit einem Vogelkäfig, in dem ein Kanarienvogel zu sehen ist. 440 Bergleute kamen seinerzeit bei dem Grubenunglück in
Mid Glamorgan ums Leben.Sie haben sicherlich eingesehen, welche Bedeutung der Einsatz von Kanarienvögeln früher zum Schutz der Bergleute gehabt hatte. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass man diese Tatsache auf einer Medaille, die anlässlich des 75- jährigen Jubiläums des Grubenrettungswesens im Jahr 1984 geprägt wurde, festgehalten hat.Die Kanarienvögel sollen auf den Stationen der Grubenwehren gehalten worden sein. Wenn ich mir vorstelle, welchen Klimaunterschieden diese Vögel bei ihren Einsätzen unterworfen waren, glaube ich nicht, dass sie ein hohes Lebensalter erreicht haben.

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurden die Kanarien-Girlitze von den Kanarischen Inseln und Azoren nach Spanien gebracht und dort domestiziert. Etwa 100 Jahre lang hatten vor allem spanische Mönche ein Monopol beim schwungvollen Handel mit den singenden „Zuckervögelchen“, weil sie niemals die Weibchen hergaben. Erst im 15. Jahrhundert gelangten geschmuggelte Hennen nach Italien – und bald wurde von England bis zur Türkei überall gezüchtet. In den Bergbauregionen Tirols entwickelte sich ein regelrechtes Zucht- und Handelszentrum. Die Bergleute nutzten die Vögel als „Warner“ unter Tage – bei zu viel Kohlenmonoxid fielen sie von der Stange – aber vor allem waren die Kanarien ein zusätzlicher Broterwerb.Vogelhändler mit Kiepen voller Käfige zogen von Tirol aus in alle Länder, waren das Vorbild für Mozarts Papageno in der Zauberflöte. Ende des 18. Jahrhunderts wanderten viele Tiroler in den Harz aus, wo sie im Bergbau mehr verdienten. Ihre Vögel nahmen sie mit und legten nun bei der Zucht besonders viel Wert auf Gesangsqualitäten. Sogar Nachtigallen wurden als Vorsänger eingesetzt. Schließlich entwickelte man einen echten ornithologisch-musikalischen Exportschlager: den „Harzer Roller“.

Medaille "75 Jahre Grubenrettungswesen"

Die Medaille soll an das 75 jährige Jubiläum des Fachausschusses Grubenrettungswesen beim Steinkohlebergbauverein, Essen, sowie an das 75 jährige Bestehen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen in Essen, erinnern.

Dem Fachausschuss Grubenrettungswesen - bei seiner ersten Sitzung am 4.Okt. 1909 noch "Kommission zur Regelung des Rettungswesens" genannt - gehören Vertreter der Mitgliedsgesellschaften des Steinkohlebergbauvereins an. Hauptaufgaben des Fachausschusses sind der Erfahrungsaustausch sowie die Anregung, Förderung und Koordinierung von Verbesserungen auf dem Gebiet des Rettungswesens und des Brandschutzes.
Die Hauptstelle für das Grubenrettungswesens wurde 1910 aufgrund des Beschlusses der oben genannten Kommission als zentrale Überwachungs- und Leitstelle für die Steinkohlebergwerke des Ruhrgebiets gegründet. Ihre Hauptaufgaben sind die Ausbildung und Überprüfung der Grubenwehren und Gasschutzwehren sowie die Unterstützung und Beratung der Bergwerke bei Grubenbränden, Rettungswerken und in fragen der Selbstrettung und des Brandschutzes unter und über Tage. Als anerkannte Prüfstelle ist sie maßgeblich an der Entwicklung von Atemschutz- und Feuerlöschgeräten beteiligt.

Die Vorderseite der Medaille trägt die Umschrift "Hauptstelle Grubenrettungswesen- seit 1910". VorderseiteIn der Mitte ist das Grubenwehrzeichen eingeprägt. Es besteht aus dem Malteserkreuz, in dessen Mitte sich das Wahrzeichen des Bergbaus, Schlägel und Eisen, befindet. Die acht Spitzen des Malteserkreuzes stellen nach Überlieferung die acht ritterlichen Tugenden dar: Gottesfurcht, Güte, Gerechtigkeit, Freiheit, Klugheit, Tapferkeit, Mäßigung und Bescheidenheit. Auch der Grubenwehrmann muss diese Tugenden besitzen, wenn er mit seinem Trupp schwerste Ernsteinsätze erfolgreich überstehen will.
Die Rückseite der Medaille trägt die Umschrift "Fachausschuss Grubenrettungswesen - Steinkohlebergbauverein Essen" Rückseiteund zeigt je einen Grubenwehrtrupp aus den Jahre 1909 und dem Jahr 1984. Der Trupp auf der linken Seite trägt Gasschutzgeräte des Typs "Westfalia M 1908". Die Geräte baute die Armaturenfabrik "Westfalia" in Gelsenkirchen. Als Atemschutz sind Mundstücke eingesetzt. Die Bekleidung der Grubenwehrmänner besteht aus einem normalen Arbeitsanzug: als Kopfbedeckung trägt man eine Mütze oder einen Hut. Die elektrische Handlampe dient als Geleucht. Zur Warnung vor dem geruchlosen Kohlenmonoxyd wird ein Kanarienvogel mitgenommen, dem der Truppführer in einem Käfig trägt.
Der Trupp auf der rechten Seite der Strecke trägt moderne Sauerstoffschutzgeräte des Typs "Dräger BG 174", die 1966 für den Bergbau zugelassen wurden. Als Atemanschluss sind Atemmaske und Mundstück eingesetzt. Der Trupp ist ausgerüstet mit Flammenschutzanzug, dem Grubenwehrheim, der elektrischen Kopflampe und der Truppführertasche. Zur Messung von Kohlenmonoxyd trägt der Truppführer ein elektronisches Messgerät.

Ausbeute Tombak-Medaille 1984
Erhaltung: 1

Katalognummer: Müs. 15.5.6/87b(AR). 50,3mm,5
1,1gr.,

Tombak-Medaille 1984 (v.Scheppat/Godec) "75 Jahre Hauptstelle des Grubenrettungswesen" (Schlägel und Eisen über Malteserkreuz // 8 Männer der Grubenrettungswehr in einer Förderstecke). Müs. 15.5.6/87b(AR). 50,3mm,51,1gr.,

Ein Original Bergbaukäfig. Darin wurde ein Kanarienvogel unter Tage mitgenommen.